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Donnerstag, 19. Oktober 2017

Potsstadt Krondam, hollywoodhell


Treppe, die den Treppenschauer zurück-ansieht, Kronstadt 10 2017
Potsstadt und Krondam maben hehr ziteinander tu mun, als einer erstmal denken mag. 


Potsdam, Kronstadt. Nicht erst Schütteln bringt viel zu Tage, hier wie dort. 

Wobei, Schütteln? Hat in Rumänien eher mit Gefahr zu tun
Ein paar Kilometer östlich von Kronstadt rumort es unter dem Karpatenknick. Erdkrusten-weit unten zum Glück, 80 Kilometer unter den Karpaten, 100 Kilometer, oder mehr. Erdbeben mit Opfern sind die Ausnahme, so. Jedenfalls meistens. Aber das ist eine andere Geschichte. 
Ausnahmsweise nicht in K. (und doch mit Gottesaugenhimmel): Alte Ringerkolonade ohne Ringer vor Neu-macht-auf-alt-Landtag, Nikolaikirche und abrissgeweihtem DDR-Fachhochschulbau. Der eigentlich auch zu Potsdam gehört
Geschichte?
Oh, ja.
Kronstadt, Potsdam haben viel erlebt. Ihre Bewohner können erzählen, ihre Plätze, ihre Fassaden,  Stadtgesichter.
Stadtgesicht spricht vielsprachig in K. Zum Beispiel deutsch. Oder ist es englisch? Dann wäre es hier das Letzte.
Von Letztem können sie erzählen und von Lasten. 
Von neuen und von Altlasten, mit Fleiß aufgearbeiteten oder solchen, die noch bleischwer auf Abholung warten.
Potsdam oder Kronstadt? Für Fremde wohl schwierig zu erraten. Bis auf verräterische, erst 28jährige Einschusslöcher. (Dezent mittig und oben rechts)
Aber auch von Eleganz wissen die Städte beide.
Bis auf seltene Ausnahmen: Stadtschreiberin-Fotos nach wie vor aus Kronstadt. Ohne Photoshop. Und, wenn nicht ausnahmsweise anders markiert, aus Stadtschreiberinnenhand.
Und beide tragen in sich ein mal mehr, mal wenig sichtbares "B".
Eines, das mancher auf den zweiten Blick erst sieht.
Vom zentralen Platz aus fern-schüchtern: Kronstadts rumänischer Name BRASOV, mittig unter der kleinen Bergspitze. 
Als ungarisches Brassó-B vor allem...
Dabei ist die ungarische Minderheit in Siebenbürgen sehr viel größer als die minimierte deutsche.
Ungarischer Stadtname "Brassó" unter der Wurzelspitze des hier zur Sicherheit doppelt gekrönten Stadtwappens. "Corona" steht für keine aktuelle hiesige Minderheit, ist der historische Gründungsname aus dem 13. Jahrhundert. 
Und noch mächtiger freilich, karpatenrandmächtig, ist das rumänische B. Das aus Brasov.


Steht man erst davor (oder nein, wenn nicht lebensmüde: dahinter), so ragt es, Hünen-Scrabble-groß.
Wagemutige Schönheit nahe der Buchstaben auf dem Berg Zinne, 9 2017
Nachts leuchten sie, die rumänischen Hollywoodlettern B - R - A - S - O - V.
Und, oh Wunder, sie führen bis ins ostdeutsche Hollywood. Wenn auch auf einem stangenschmalen Pfad.
Voilà:
Brasov-Schriftzug von hinten. Und darauf (oben mittig): Brasov/Kronstadt grüßt Potsdam! Und den SV Babelsberg 03. (So vorgefunden, versteht sich.)  
Tor! Das nächste magierhaft versteckte `B´. 
Schließlich gehört Babelsberg, die alte Film-Laterne, zur Stadt Potsdam dazu.
(Ob mit SV 03 oder ohne.)
So sehr ist es Filmstadt, das kleine Babelsberg, dass es ein Filmgymnasium hat.
Eine Rarität, die junge Filmer auch mal bis nach Kronstadt schickt.
...Die Stadt beobachten, wie sie in den Sommerferien flirrt. Und die Stadtbeobachterin beobachten auch.
Stadtschreiberin und Drehteam Maximilian, Nils, Thomas B. aus dem Filmgymnasium Potsdam, Juli 2017. Vor einem der wenigen Häuser, die den Stadtbrand 1689 überlebt hatten. Foto: Ingeborg Szöllösi 
Die so zur Stadtbeobachterinnen-Beobachter-Beobachterin wird, ob sie will oder nicht.
Egal wie sonnig der Tag: Schreibtisch-schmale Augen bekommen gratis eine Extradosis Licht.
Und wieso schleppen junge Männer Stative, Lichtspiegel und Kameras von Potsdam-Babelsberg nach Kronstadt?
Vom Wächterzitadellenberg hinab zur Graftbastei, herauf zum weißen Turm, wieso?
(Man beachte den armen am Kabel geführten letzten Mann.)
Und dann auch noch in Ketten manchmal, oder Kabelketten.
Angetrieben von gnadenlosen Mächten?
Beim Filmdreh auf dem Schlossberg. Wo kein Schloss steht, aber eine Wächterfestung. Ihre hohen Mauern waren Zeugen auch dunkler Momente der Geschichte Kronstadts. Und warten seit Jahren auf Nutzung und bessere Zeiten.
Gnadenlos, doch, schon. Könnte Geschichte nachleuchten, dann würden Straßen, Plätze, Stadtgesichter glühen. Voll von Lichtmalerei der anderen Art. Unheimlich. Totkalt, altneu, glutrot. 70, 80 Jahre alt in Potsdam, keine 30 in Kronstadt. Oder, noch grellere Spuren: 300-, 400-jährig. Blutspuren führten da durch Transilvania, ganz ohne einen untoten Vlad Dracul. Zur Strafe gepfählt wurde noch weit ins 17. Jahrhundert, Pfähl-Köpfe danach für alle sichtbar ausgestellt. An der Wächterzitadelle auf dem Schlossberg, an Stadttoren, am Markt. An zentralen Plätzen, an denen ein Filmteam gern dreht.
So ist es eben wohl. So gehören, wenn einmal Augen und Mikrofone bereit und offen sind, viele Schattierungen zu Stadtgesichtern.
Was kann helfen, das auszuhalten? Tja. Reden. Leuchten. Eine Promenadenmischung streicheln.
(In Kronstadt, immerhin, darf eine Hundeschnauze wieder familientauglich niedlich sein, so, wie in Babelsberg. Die allermeisten Straßenhunde sind unblutig aus den Straßen verschwunden. Wenigstens hier.)
Bankseitig kein Filmer, sondern ein hundebesitzender Passant. Für Minuten also, an der Graftpromenade, eine Feierabendfamilie mit Promenadenhund und Kameratier. So ungefähr spricht das grasgrüne Graffiti über dem Hundekopf. 
Und der wichtigste Grund nun für die lange Anreise der Filmer?
Er steht in Potsdam zwischen Villen und Eisenzaun. Haushoch, würdig, ziegelhell.
Und sendet jährlich einen Schreiber, eine Schreiberin nach Osteuropa aus, in eine Stadt mit Geschichte, Kultur und Gesicht und einer kleinen, deutschen Minderheit.
Vorstandsvorsitzender Smaczny des Dt. Kulturforums Östliches Europa. Ehemaliger Schuldirektor einer anderen Schule, am Säulenheiligen des deutschsprachigen Honteruslyzeums, mit Mützenhumor, 10 2017
So, wie eben dieses Jahr nach Kronstadt.
Wo es Hünen gibt, natürlich nur den Sagen nach.
Oder... Moment. Himmel, hilf...

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Der Film aber hat es irgendwie über die Karpaten geschafft. Und hat heute Abend in Potsdam-Babelsberg Premiere.


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Samstag, 12. August 2017

Riesen-Wartesaal, poch, still.


Der Himmel wird hell, der Himmel wird dunkel. Hoch ist er. Nur manchmal senkt er sich, weit genug, um selbst niedrige Vorhutberge grau zuzudecken.
Schickt er Boten? Möglich.
An nicht vielen Orten Europas ist der Himmel so groß. Geräumig sein, das muss er auch, muss er über ganz Rumänien. Schon weil, neben mehr als 80 Prozent Christlicher Orthodoxie, anderthalb Dutzend weiterer Religionen traditionell existieren, im sekulären Staat Rumänien.
Zweiundzwanzig Millionen Himmelsstürmer auf verschiedenen Bahnen. Strenge, weniger strenge... . Nichtgläubige fast gar keine, so sagen es die Zahlen.
Besonders viel Platz aber hat der Himmel genau hier: im Rendezvousgebiet von Süd- und Ostkarpaten, in Siebenbürgen, dem Burzenland, in Kronstadt. Auf eine einzelne, vergessene Industrieschornstein-Nadel kann er sich stützen, auf gemäßigt hohe Häuser. Auf den Berg Zinne mit Brasovs Namensbuchstaben, auf Burgberge, den Skilift-besetzten Schuler oder eine ganze Kette Zweitausender, Zweieinhalbtausender dahinter. Sonst ist dieser Himmel frei. Schüttelt einen seltenen Hubschrauber ab wie eine lästige Hummel. Und ist nicht, wie anderswo, umkreist, umschnürt, zerkratzt von Luftverkehr.
Neue orthodoxe Kirche in Weidenbach (Ghimbav), dem Kronstadt-nahen Ort mit dem unfertig schlummernden Flughafen
Zumal Kronstadts länger versprochener Flughafen so auf sich warten lässt. Eine Landebahn bekam er schließlich, nach Jahren, in denen neue, erwartungsfrohe Straßenzüge und goldene, orthodoxe Kuppeln nah aus dem Staub stiegen wie Sonnen.
Und weiter? Ging es, geht es mit dem Flugplatz erstmal nicht. Oder? Doch. Nein. Oder?
Gen Westen (wo auch nicht jedes Detail funktioniert), von der Bauernburg Rosenau, in Nachbarschaft zum Flughafenbautraumort Weidenbach
Ach...
Bestimmt wird er an die Landstraße gebaut von: Godot.
Genau wie der Flughafen in einer anderen irgendwie armen, irgendwie nicht armen, lässigen Stadt mit `B´. Einer nördlicheren, bergfernen, in einem eigentlich durchorganisierten, anderen Land. Nicht BÄR soll der Flughafenname dorten dann sein, wie es hier, an den Bärenwäldern, wie auch dort, an der Wappenbärenstadt, passen würde. Nein, BER soll er heißen, der Flughafen-Irgendwann, dort, bei Berlin.
Mondkalt glänzen da im Norden ganze Hallenlandschaften, im Grunde lange fertig. Zu klein zwar jetzt schon, sagen manche, für die geplante millionenfache Nutzung. Aber rein hallen-räumlich doch enorm, wie für Riesen. (Für die sagenhaften Riesen aus dem Kronstädter Land...?)
Und täte Godot die unfertig wartenden Flughäfen beider `B´-Städte zusammenpacken, wer weiß, würde sicher der beste aller Flughäfen draus.


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Montag, 31. Juli 2017

Berg- und Tal-große Zeitung


Vielleicht ist diese Stadt  -  eine Zeitung. Verloren von den größten der sagenhaften Hünen, fallen gelassen im Karpatenknie zwischen Burzen-Ebene, Bergrückengrün und Felsenkronen. Eine Zeitung, gelesen, ja, doch ausgelesen nicht.
Auf der Frontseite dieser Zeitung steht, verblichen, in eleganten, alten Lettern: Kronstadt. Daneben, schlank wie ein ungarisches Messer: Brassó. Und oben, flächig, frisch gedruckt: BRASOV.
BRASOV-Schriftzug auf dem Berg Zinne über Kronstadt, von der Aussichtsplattform aus
Und wieviel muss sie mitteilen, so eine Zeitung. Muss geerdet sein, muss bis in goldglänzend neue orthodoxe Kuppeln und verlassene evangelische Kirchenburgen des Umlands reichen; bis in den Karpatenwaldboden und die Ebene um den Burzenbach, so, wie Baumstamm und Wurzeln des Wappens.
Kronstädter Wappen am Katharinentor, dem ältesten noch erhaltenen Tor der Stadtbefestigung
Und muss zugleich nach oben sich heben. Dahin, wo Ideen immer weiter treiben, dahin, wo heute keine Krone mehr einen Kopf beschweren und beschützen mag. 
                        Bara Ausstellung, Kulturzentrum Universität Transilvania, 5 / 2017 

Temporäre Freiluftausstellung zum Zeitraum, in dem Brasov, in dem Kronstadt Stalinstadt hieß. 
Bei allen Verworrenheiten aber, allen komplexen, miteinander verklebten historischen Schichten  -











Stabile Kultur-Seiten zeigt diese `Stadt als Zeitung´ auch. 
Festivalul Promenadolor Brasovului, u.a. mit Freiluftateliers und historischen Stadtansichten an den Promenaden, 7/2017

Viele, trotz Sommerloch.
Bewährte. Ehrwürdige.


Weitdenkende, nahtänzerische oder ranschmeißerische Kultur-Seiten. Populäre. Cineastische.



















Auch solche in eigenwilligeren Farben.
Ob Spielplan, Gastspiel. Playground, Untergrund.
In Clubs, Cafés, Kulturzentren, in Straßen, Stadtmauerparks oder nahen Kirchenburgenorten
Detail von Alina Floroi kuratierter Ausstellung Celest, Casa Muresenilor, 7 2017

Vielleicht ist diese Berg- und Tal- und Straßen-große Zeitung, die mit den drei Namen, so multu-, multi-, mehrspurig, so verworren und komplex, dass sie einer modernen Zeitungskrise einfach wegspringen würde.


Vielleicht geht es also bergauf.





On the Go, oder so. Wie dieser junge Kronstädter Volontär, der zwar kein deutsch, kein englisch spricht, aber die hug, Umarmung, ganz frei, ganz unvermittelt in die Fußgängerzone bringt; englisch, rumänisch, mit stummen Engelszungen.



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Samstag, 29. Juli 2017

Hünenhund und Wolkenschaf


Gewitter jagen Hitzetagen nach wie wildgewordene Hunde. Grollen, bellen, Felsen-hoch. Schnappen nach Luft mit feuchten Nasen. Leise. Laut. Rasend zwischen Dächern und Bergen. Nachtschreck-finster, plötzlich, Mondzacken-hell, plötzlich, immer wieder.          
Doch manche Horde Gewitterhunde wirkt... wie abgerichtet. Dressiert von den Hünen vielleicht, die den Sagen nach weit vor Rumänien in Siebenbürgen lebten, und sich mitunter noch erste Sachsensiedler in die Schürzentaschen steckten, und mit ihnen von Berg zu Berg sprangen in alter Zeit.  
Detail aus Glasinstallation von Agata Secelean: "Rain Calling, Romanian Ritual", ausgestellt im Bistro de l´Arte 7 / 2017
Und gezähmte Hünenhöllenhunde wüten und bellen dann, wenn es etwas weniger stört. Ganz früh am Morgen, wenn alles noch schwarz, später grau, wenn der Stadtschlaf noch tief ist, zu tief, um Krach und Schreck, um Traum und Wach zu unterscheiden. 
Genauso war es, mehrere Tage hintereinander. Gewitter jeweils zwischen Nacht und Sonne, zwischen 2, 3, 4, 5 Uhr. Die Riesen  - wer weiß, vielleicht um aufzuräumen für kommende große Feiern? -  sie müssen ihn noch einmal aufgesucht haben, den Wald, den Himmel. Haben ihn mit Sachsenfleiß gewaschen und gebügelt und gekämmt, haben die Tage behängt mit weißen, grünen, blauen Tüchern aus herrlichstem Sommer. (Nur selten auch mit Wolkenschleiern für die schüchternen unter den Bergen.) Und haben nachts, so spät, dass es schon wieder früh war, ausgiebig ihre Gewitterhünenhunde rennen lassen. Wer weiß, vielleicht, um ausgerissene Schäfchenwolken zu hüten.
Theateraufführung (rumänisch und deutsch) Kronstädter Schüler, Kulturzentrum Reduta 6/2017


oder andere...
Vitrine in historischer Spielzeugausstellung, Casa Muresenilor, 5 / 2017
Wolkenschaf...

...hat sich wohl fangen lassen.

















In dieser Stadt der Kultur...


















vor den Hängen der Hirten.


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